Musikgespräche

Wenn ein Traum wahr wird

Interview mit der Cellistin Marei Schibilsky

Marei studiert "Violoncello BA " im fünften Semester an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. Die 21- jährige Cellistin ist seit 2023 Stipendiatin der SINFONIMA-Stiftung und hat sich beim Vorspiel für die Cello-Vergabe im Frühjahr 2023 ein klangvolles Instrument und zusätzlich die Teilnahme an den Meisterkursen des Oberstdorfer Musiksommers erspielt. Marei hat in Oberstdorf einen der begehrten Förderpreise, der mit 1.500 Euro dotiert ist, gewonnen. Des Weiteren hat sie sich für die öffentlichen Meisterkurs-Vorspiele im Rahmen des Konzertprogramms des Oberstdorfer Musiksommer qualifiziert.

Marei Schibilsky (Copyright David Ausserhofer)

Liebe Marei,

warum und wann hast du damals mit dem Cellospiel begonnen und was fasziniert dich an dem Instrument damals und heute noch?

Ich bin in einer Musikergroßfamilie aufgewachsen und habe meine Kindheit in einem klingenden und singenden Zuhause verbracht. Jeder musizierte auf seine Weise. Deshalb stand es außer Frage, dass auch ich schon in frühen Jahren ein Instrument erlerne. Als ich vier Jahre alt war, begann ich mit dem obligatorischen Klavierspiel, mit fünf kam das Cello dazu. Meine Eltern haben das Instrument für mich ausgesucht und ich bin froh um ihre Wahl. Denn in das Cello hätte ich mich sicherlich früher oder später auch selbst verguckt … Am Cello gefällt mir besonders die natürliche Haltung und die unmittelbare Verbundenheit zum Instrument. Wenn man sich beim Spielen richtig reingelegt, dann fühlt es sich fast so an, als würde man einen Freund umarmen. Hinzu kommt die ungewöhnliche Vielseitigkeit des Cellos. Es taugt sowohl als hervorragender Bass im Quartett und als Mittelstimme (z. B. im Orchester), wie auch als strahlendes Melodieinstrument in Solokonzerten. Das spiegelt sich ebenso in dem umfangreichen Cello-Repertoire wider, das sich über Orchesterliteratur und geniale Kammermusik bis hin zu den großen Konzerten erstreckt. Dennoch ist alles noch überschaubar, sodass man als Cellist noch in keine Depression verfällt, anders als bei Geige oder Klavier. Nicht unerwähnt bleiben darf der warme und menschliche Klang des Cellos, welcher sehr wandelbar ist. Dieser löst viele Emotionen aus, es können Tränen kullern, aber auch Trost und Fröhlichkeit spenden.

Wie bist du auf die Idee gekommen, dich für ein Instrument bei der SINFONIMA-Stiftung zu bewerben?

Auf die SINFONIMA-Stiftung hat mich ein guter Freund aufmerksam gemacht, der ebenfalls mit einem wunderbaren Cello der Stiftung unterstützt wird. Als Student ist man ständig auf der Suche nach guten Instrumenten, und die Chance auf eines der exzellenten Leihcelli der Stiftung SINFONIMA sollte man sich nicht entgehen lassen.

Wie lange hast du dich auf den SINFONIMA-Wettbewerb vorbereitet und welches selbst ausgewählte Werk hast du vorgetragen?

Da ich nicht viel Zeit für die Vorbereitung hatte, beschloss ich, auf ein Stück zurückzugreifen, das schon länger in meinem Repertoire war. Auch das Pflichtstück, Beethovens A-Dur-Sonate, war mir nicht unbekannt.

Mein selbst gewähltes Stück war ziemlich gewagt: das “Capriccio per Siegfried Palm” von Krzysztof Penderecki aus dem Jahre 1968. Es ist ein sehr experimentelles und ausdrucksstarkes Werk, in dem beinahe alle ungewöhnlichen Spieltechniken, die auf dem Cello möglich sind, vereint werden. Ich hatte fast schon Bedenken, dass die Jury nach meinem Auftritt um die Unversehrtheit der schönen Stiftungsinstrumente bangen könnte und mir lieber keines der Celli anvertraut, aber die erzählerische und mitreißende Kraft des Stückes hat am Ende wohl doch überzeugt.

Wie kommst du mit dem Vuillaume-Cello und dem Knoll-Bogen der Stiftung zurecht? Seid ihr schon Freunde geworden? Wie lang hat es gedauert, bis du das Instrument richtig kennen gelernt hast?

Das Vuillaume-Cello hat mich zusammen mit dem Knoll-Bogen sehr schnell und geradezu „spielerisch” auf eine neue cellistische Stufe gehoben. Innerhalb kürzester Zeit, ich würde sagen ein bis zwei Wochen, habe ich mich beim Spielen schon zu Hause gefühlt und konnte mich auch in neuen Stücken auf meine Finger verlassen. Bei manchen Instrumenten, die einen über längere Zeit begleiten, ist das Potenzial irgendwann ausgeschöpft und eine Grenze wird erreicht. Eine solche ist bei dem Vuillaume-Cello nicht in Sicht. Es hat eine so hohe Qualität, dass es mich sowohl klanglich als auch technisch hinaufzieht.

Wem würdest du empfehlen sich für ein Instrument einer Stiftung zu bewerben?

Allen, die noch in der Ausbildung sind und spüren, dass ihr Instrument sie ausbremst oder nicht wirklich gut zu ihnen passt, empfehle ich unbedingt, sich für eine Förderung zu bewerben und die großartigen Angebote unseres Stiftungswesens wahrzunehmen – es gibt nichts zu verlieren!

Was hat dir der Meisterkurs in Oberstdorf bei Herrn Prof. Wen-Sinn Yang musikalisch gebracht? Was wirst du nach Berlin mitnehmen?

Prof. Wen-Sinn Yang ist eine sehr erfrischende Persönlichkeit und ein fabelhafter Lehrer. Besonders beeindruckt haben mich seine hilfreichen und schnell wirksamen technischen Tipps sowie die gut begründeten musikalischen Anregungen und seine humorvolle und fantasievolle Art, über Musik zu sprechen. Auch in den Kursen anderer Instrumente habe ich die Hingabe und Ausdauer der Professoren bewundert und viele neue Musikstücke kennengelernt.

Außerdem werde ich zahlreiche Erinnerungen an die faszinierenden Konzertabende in Spitzenqualität mit nach Berlin nehmen.

Kannst du jungen Musizierenden einen Tipp geben, wie sie am besten die Literatur für einen Wettbewerb auswählen?

Die Auswahl der Musikstücke für einen Wettbewerb hängt von mehreren Faktoren ab. Oftmals werden Pflicht- oder Auswahlstücke verlangt, denen man die übrigen Wahlstücke anpassen muss. Dabei sollte man immer auf Abwechslungsreichtum bezogen auf Epoche und Charakter der Stücke achten. Moderne Stücke kommen beispielsweise gut an, wenn sie gewagt, intensiv oder überraschend sind. Man sollte es mit der experimentellen Musik aber auch nicht übertreiben, weil den meisten Jurys ein Einblick in die Interpretation einiger Standard-Werke besonders wichtig ist. Außerdem sollte man sich, je nachdem wie viele Runden der Wettbewerb hat, nicht mit zu vielen schweren oder neuen Stücken überlasten. An einem Wettbewerb nimmt man zwar teil, um voranzukommen und sein Repertoire zu erweitern, aber es kann nicht schaden, ein paar Stücke im Programm zu haben, mit denen man sich auf der Bühne schon richtig wohl fühlt.

Bei Wettbewerben mit wenig Programm ist es wichtig, dass man sich von möglichst vielen, aber vor allem von seinen besten Seiten zeigt. Deshalb ruhig Lieblingsstücke auswählen, die bühnenwirksam sind.

Bist du bei Auftritten aufgeregt? Wie gehst du damit um?

Bei mir hängt die Aufregung sehr von den Umständen eines Konzertes oder Wettbewerbs ab. Zum Glück habe ich keine starken Auftrittsängste und komme auf der Bühne meist mit leicht schwitzenden Händen davon.

Gegen Aufregung hilft es, in Bezug auf alle äußeren Umstände, gut vorbereitet zu sein. Dazu gehört zum Beispiel ein angespitzter Stachel, geklebte Noten, ein vorher gestimmtes Cello, genug Kolophonium, erprobte Kleidung und ein guter Stuhl. Je mehr man über den Ablauf des Auftritts Bescheid weiß, desto sicherer ist man während der Zeit auf der Bühne und es passieren weniger Missgeschicke oder böse Überraschungen.

Mir hilft es außerdem sehr, beim Üben den Auftritt mental zu durchleben. Dafür muss man sich sehr konzentrieren und eine gute Vorstellungskraft besitzen. Wenn ich mich in das Gefühl auf der Bühne hineinversetze und den Anfang meines Stückes spiele, fangen manchmal sogar meine Hände an zu schwitzen und ich kann mich durch Wiederholung dagegen abhärten und mich für den echten Auftritt wappnen.

Wie sehen deine Zukunftspläne aus? Solo, Kammermusik, Orchester? Und wovon träumst du, wenn du an deine musikalische Zukunft denkst?

Für die Zukunft wünsche ich mir stets Menschen, die mit mir gemeinsam auf der Bühne Musik machen. Eine Orchesterstelle finde ich als gute Lebensgrundlage erstrebenswert, weil man als Teil eines großen Klangkörpers seinen festen Platz als Künstler gefunden hat und jeden Tag mit vielen Menschen das teilt, was man liebt. Aber auch die Kammermusik hat es mir angetan. Sie birgt in sich die innigste und erfüllende Annäherung zwischen den Instrumentalisten und bietet alles, was es in der Musik zu finden und zu empfinden gibt. Schon jetzt habe ich ein festes Klaviertrio und möchte, auch wenn ich später eine feste Orchesterstelle gewinnen sollte, nie mit der Kammermusik aufhören.

Auch das Unterrichten macht mir große Freude. Man lernt dabei mindestens genauso viel über sich und sein Spiel, wie man seinen Schülern beibringt. Ein Lehrauftrag oder gar eine Professur wären also weitere mögliche Wege, die mir in meinen Träumen vom Leben als Cellistin vorschweben.

Marei Schibilsky (Copyright David Ausserhofer)

Marei bereitet sich mit ihrem Klavier-Trio aktuell auf den Deutschen Musikwettbewerb (DMW 2024) vor, dessen Live-runden im März 2024 stattfinden. Solistisch plant sie für Anfang 2024 ein neues Programm aufzubauen, um bei weiteren Wettbewerben anzutreten.

Wir wünschen dabei viel Erfolg!  

Herzlichen Dank Marei.

Unsere Leiterin SINFONIMA Susanne Rahn hat Marei in Oberstdorf persönlich kennengelernt - auch auf der musikalischen Ebene. Marei war so spontan mit Andreas Kersten (Piano) und Susanne (Flöte) das Klaviertrio von C.M.v. Weber op. 63 für das Klassenvorspiel des Meisterkurs Flöte einzustudieren. Auch für Susanne ist damit ein Traum wahrgeworden, einmal mit so großartigen Musizierenden auf der Bühne zu stehen.

Marei beim Abschlusskonnzert der Meisterkurse 2023 in Oberstdorf. Mit Dimitri Schostakowitsch - Sonate für Vinocello und Klavier in d-moll op. 40 und Chifuyu Yada am Klavier.

 

Das Interview führte Susanne


 

 

 

 

 

 

 

Marei Schibilsky

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